Neues Projekt: Historische Daten besser nutzen

Die Universitätsbibliothek Mannheim erfasst und digitalisiert gemeinsam mit dem Leibniz-Institut für Finanz­markt­forschung (SAFE) deutsche Finanz­daten mit modernen Technologien. Durch das Forschungs­projekt soll eine neue Datengrundlage geschaffen werden, die zu einem besseren Verständnis vergangener, gegenwärtiger und zukünftiger ökonomischer und gesellschaft­licher Herausforderungen beiträgt. Das Projekt wurde von den Heidelberger und Mainzer Akademien der Wissenschaften eingerichtet.

Das deutsche Wirtschafts- und Finanz­system hat seit der Gründung des Deutschen Kaiserreichs 1871 bis in die Gegenwart eine Vielzahl massiver Umbrüche erlebt. Die schwerste Krise der jüngsten Vergangenheit war die globale Finanz­krise der Jahre 2007 und 2008, die von der Wissenschaft unter anderem wegen zu kurzfristiger Wirkungs­analysen nicht vorhergesehen werden konnte. Das nun beginnende Forschungs­vorhaben soll diesen Mangel einer digitalen Datengrundlage für die Finanz­markt­forschung beheben. Ziel ist es, Finanz­daten über einen Zeitraum von 150 Jahren zu erschließen und damit eine neue Grundlage für die langfristige empirische Forschung zu schaffen. Zugleich sichert das Projekt bedeutende historische Datenquellen als Bestandteil des kulturellen Erbes.

An der Universität Mannheim wird das Forschungs­projekt maßgeblich durch die Universitäts­bibliothek Mannheim und den Lehr­stuhl für Wirtschafts­geschichte umgesetzt. Das Projekt hat eine Laufzeit von 18 Jahren.

„Um über die Darstellung statistischer Korrelationen hinauszugehen und ökonomische Kausalitäten zu identifizieren, sind auch in der wirtschafts­historischen Forschung mikro­ökonomische Massendaten von bester Qualität erforderlich“, betont Prof. Dr. Jochen Streb. „Das Akademien­projekt wird diese Daten für das Universum der deutschen Aktien­gesellschaften bereitstellen und auf dieser Grundlage neue Antworten auf die Fragen nach den Ursachen von Wachstum und Krisen liefern“, so der am Projekt beteiligte Wirtschafts­historiker der Universität Mannheim.

Digitale Technologien für historische Daten

Die Universitäts­bibliothek Mannheim digitalisiert die historischen Finanz­daten und schafft durch deren Trans­formation in maschinenlesebare Formate eine Datenbasis für das Akademie-Projekt. Durch das Verfügbarmachen der Daten als „Open Data“ wird außerdem ein maßgeblicher Beitrag zur Verbesserung der Dateninfrastruktur im Bereich der historischen Finanz­forschung, auch über das Akademien­projekt hinaus geleistet. Am Lehr­stuhl für Wirtschafts­geschichte der Universität Mannheim ist zudem ein Teil­projekt zum Thema Finanzierung von Innovation im Kaiserreich und in der Zwischenkriegszeit angesiedelt.

Das Vorhaben wird von der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz sowie der Heidelberger Akademie der Wissenschaften getragen. Es ist Teil des Akademien­programms und wird von der Gemeinsamen Wissenschafts­konferenz (GWK) gefördert. Das Akademien­programm wird seit 1979/80 von Bund und Ländern gemeinsam finanz­iert. Es verfolgt das Ziel, kulturelles Erbe zu sichern und für Wissenschaft und Öffentlichkeit verfügbar zu machen – zunehmend in digitaler Form.

Die Universität Mannheim kooperiert in diesem Projekt mit dem Leibniz-Institut für Finanz­markt­forschung (SAFE), der Goethe-Universität Frankfurt, dem IBF – Institut für Bank- und Finanz­geschichte und der WHU – Otto Beisheim School of Management.

Foto: SchreiberPötter

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